Sie war die letzte Matriachin im Familienverband und bekannt dafür, dass sie zu jeder Gelegenheit des Alltags eine passende Redewendung in hessischer Mundart parat hatte. Auch ihr aus deutschen Balladen gewonnener Zitatenschatz schien schier unerschöpflich. Unsere Zusammenstellung gibt eine Kostprobe ihrer meist ins Schwarze treffenden Sprüche, mit denen sie Familie und Freunde passend zum jeweiligen Anlass erheiterte, manches Mal auch mit mahnend erhobenem Zeigefinger.
Ach Gottche sprach’s Lottche: Sibbe Kinner un‘ koan Kamm!
… So wurden schwierige Verhältnisse anderer Familien kommentiert …
Komme mer übber de Schwanz, komme mer übber de Hund!
… Sagte sie, wenn eine schwierige Situation zu bewältigen war …
Wenn mer mal gegesse ham, geschafft ham mer dann gleich!
… Erst mal in Ruhe essen, bevor die Arbeit weitergeht; oder: Missbilligung für zu lange Pausen …
Ein Säuche is satt. Wenn dem Bürgermoaster seins satt is, dann gehn mer hoam!
Sagte sie, wenn beim Essen gerülpst wurde …
Die Kompanie soll lebe, noch’n Eimer Wasser druff!
… Sagte sie, wenn sich überraschend Besuch zum Essen einstellte …
Unner de Erd‘ brummt de Bär. Liesche, bring zu esse her!
… Sagte sie, wenn mal ein Pupsgeräusch zu hören war …
Du siehst aus wie Muttche Till!
… Meint: also eindeutig schlampig! …
Du siehst aus wie die Dreistöckisch‘ von Rückertshause!
… Kommentar bei (in ihren Augen) achtlos zusammengestellter Kleidung …
Finster, oh Herr, ist mir deiner Rede Sinn …
… Bibelzitat, Unverständnis ausdrückend …
… schaffe wie e kanarisch Weibche!
… Beschwerde, wenn ihr die Arbeit mal zu viel wurde …
Sie war von Geduld und großer Langweiligkeit!
… Wenn offentsichlich getrödelt wurde …
Kopps Koppigkeit ist Bauchs Schaden!
… Mahnung, wenn ein Kind etwas nicht essen wollte …
Dann eben nicht, liebe Tante – heirate ich meinen Onkel, der war auch ’ne schöne Frau!
… Wenn sie bei Kleinigkeiten mit ihren Argumenten nicht weiterkam …
Du siehst aus wie Genoveva mit de Hirschkuh!
… Diese Feststellung bezog sich zumeist auf unordentliche Frisuren …
Unnerhose umgeschnallt! …
… Das war die Standardreplik auf die Frage „Was soll ich anziehen?“ …
(Wird heute noch gerne von uns verwendet, allerdings abgekürzt mit U.u.)
… Mit de Hand übern Alexanderplatz!
… Antwort auf die Frage, wo denn hingefahren werde wird …
… Und sämtliche Räume des Hauses waren hell erleuchtet!
… Tadel, wenn vergessen wurde, das Licht auszuknipsen …
Du bist ja schonn gestiefelt un gespornt!
… Ausdruck der Überraschung, wenn wider Erwarten alle startklar waren …
… Auszug der Gladiolen!
… Wenn zum Familienausflug aufgebrochen wurde …
… Da naht ihr wieder, wankende Gestalten! …
… Wenn Verwandschaft sich zum Essen einstellte …
… Wie Kaldaiersch‘ Molly!
… Ein Ausdruck der Geringschätzigkeit …
… Dann kommt es Christnixkindsche!
… Eine nicht ernst gemeinte Drohung in der Adventszeit …
Bei dem kann mer lang picke, bis mer ans Hirn kommt!
… Gern gebrauchter Spruch bei hartnäckiger Begriffsstutzigkeit …
Es schmeckte nicht nach ihm und nicht nach ihr!
… Kommentar zu fadem, geschmacklosem Essen …
Hart gesche sich selbst un brutal gesche die annern!
… Wenn sie missbilligte, dass jemand gegen ihren Willen etwas durchsetzte …
Selten so schnell un so gut geleckt!
… Gemeint als Kompliment für gutes Essen …
Deer konnt‘ mer bis ins Studentegässje gucke!
… Wenn ein zu tiefer Ausschnitt an Kleid oder Bluse festzustellen war …
… Und versuche mich nicht in der Unterführung!
… Eine Abwandlung von „Und führe mich nicht in Versuchung!“ …
Mach‘ en Buckel, da wirste Erster!
…Galt als Aunfeuerung, sich anzustrengen …
Habbt er alles getrunke, was er bezahlt habbt?
…War als Zeichen zum Aufbruch zu verstehen …
Lass mal Matte gewähr’n, dann gibst aach Käs!
.. Meinte: „Gut Ding will Weile haben!“ …
Belegt mit Daumen un Zeigefinger!
… Antwort auf die Frage „Was kriege ich aufs Brot?“ …
Ich hab‘ ne Laune wie ne Fackelsau!
… Synonym für ‚Ich bin fuchsteufelswild!‘ …
Manchmal wollt ich schon verzagen,
und ich dacht‘ ich trüg‘ es nie
und ich hab‘ es doch ertragen,
aber frage mich nicht, wie!
.. Um sich bei Kummer selbst zu trösten …
Fuchel, ich kenn‘ dich, du bist en Raab!
(Fuchel = Vogel)
… Wenn sie glaubte, jemanden durchschaut zu haben …
Von zwölf bis es läut!
… Sprich: praktisch nicht! (quasi von zeitloser Dauer) …
Es is kein Schlag verlorn wie der, der danebe geht!
Hießt: … es geschah also zu recht …
In Runkel is es dunkel!
… Gebräuchliche Westerwälder Redensart …
Du stehst da wie de Beetz, der in de Bach pisst!
… Meinte: du stehst da wie jemand, der aussieht, als wäre er ertappt worden …