Campingfreuden
Bereits in den 1950er Jahren hatte die Reisewelle begonnen und den Sommerurlaub in südeuropäischen Ländern, zu verbringen, verhieß Sonne, Sand und Meer satt. Aber auch Ferien auf einheimischen Campingplätzen, an der See oder im Gebirge, waren gefragt. In den 1960er Jahren erlebte der Camping-Urlaub seine Blütezeit. Dabei war seine „Spannweite“ beachtlich. Zwischen Familienurlaub in Italien mit eigenem Auto und Steilwandzelt (dessen Ausrüstung schon erheblichen Komfort bieten konnte) und Fahrradtouren mit 2-Mann-Zelt, Luftmatratze und Maggisuppen im Gepäck (das eher einem survival kit entsprach) lag eine große Bandbreite. Praktisch für jeden Geschmack und Geldbeutel konnte etwas Passendes arrangiert werden.
1963

Die Adria wurde zu einem der Top-Reiseziele. An der Lagune von Venedig gab es bereits Campingplätze mit akzeptablen sanitären Anlagen und Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. Der Tagesausflug nach Venedig mit der Fähre war obligatorisch. Man stillte seinen Durst mit köstlichem Kokoswasser und fütterte zwecks Foto für das Familienalbum die Tauben auf dem Markusplatz.

Auch die Mutter konnte ihren Urlaub genießen, war aber wie zu Hause für die täglichen Mahlzeiten zuständig. Die Jugend war fast ganztags am Strand beschäftigt und kam nur hin und wieder zum Zelt, vor allem, wenn es Eis oder Melonen gab. Der Haushaltsvorstand räumte seinen Platz auf der Liege, meist Jerry-Cotton-Heftchen lesend, hingegen nur selten.

Im Vergleich dazu war die Fahrradtour mit den Kumpels eine ganz andere, viel zünftigere Sache. Gezeltet wurde in der freien Natur auf einer Wiese am Bach, auf eine Lagerordnung wurde weitgehend verzichtet. Allerdings wurde darauf Wert gelegt, dass der Weg zum nahen Dorf nicht zu weit war. Das dortige Gasthaus bot Unterschlupf bei Regenwetter und genügend Bier für die Skatrunden.

Verschwiegen soll an dieser Stelle auch nicht werden, dass einer der Protagonisten (der mit dem Strohhut) nach mehreren Runden „Escorial Grün“ bei der rasanten Schussfahrt mit den Rädern von der Kneipe zum Zeltplatz seine Brille verlor und für den Rest der Ferientage die weiteren Geschehnisse etwas verschwommen wahrnehmen musste.

Zwar hatte sich die Dorfjugend mit uns Städtern angefreundet und uns gezeigt, wie man im Bach Forellen mit bloßen Händen fängt, aber das Anglerglück war uns fast nie hold. So musste also zumeist zu den Tütensuppen gegriffen werden, die mit einem halben Pfund Margarine angereichert wurden, um auch einige Fettaugen schwimmen zu sehen.
1966

Auch mit den Tonacs und einigen Freunden gab es Campingferien, dieses Mal auf einem Zeltplatz. Wie das Foto beweist, haben sich die Essens- und Lagergewohnheiten trotzdem nicht wesentlich verändert.
Da der Urlaub in Schleswig-Holstein unweit der Nordsee genossen wurde, es also für eine Fahrradtour zu weit und ein eigenes Auto für alle nicht vorhanden war, wurde, wie der Zeitgeist es erforderte, natürlich getrampt!

Als unternehmungslustige Jugendliche, die zudem in einer Beatband spielten (und dies mit stolzgeschwellter Brust vor sich her trugen), hatten wir keine Probleme, rasch Bekanntschaften zu anderen Campern oder den einheimischen Mädels zu knüpfen. (Selbstverständlich nur zur Durchführung gemeinsamer sportlichen Aktivitäten!)

Die Musik wurde natürlich auch in den Ferien großgeschrieben. Den ganzen Tag dudelte das Kofferradio, bevorzugt hörten wir Piratensender wie Radio Caroline oder Radio Swinging England. Beliebt war nach wie vor auch Radio Luxembourg 208 („Your station of the Stars“).
Oft saßen wir zusammen und probten neue Songs für die nächsten Auftritte, wobei Ty und Ingo dazu die neuen Griffe auf der Gitarre einübten.
Wird fortgesetzt.